Die 80/20-Regel. Kurz gesagt, bedeutet sie, dass man 80 % des Ertrags mit 20 % des Aufwands erreicht. Oder 80 % des Ergebnisses mit 20 % der Arbeit. Klingt erstmal ganz einfach. Dennoch wenden viele die Regel falsch an und wundern sich dann, warum sie nicht zu funktionieren scheint. Was genau die Regel ist und wie du sie erfolgreich umsetzt, erfährst du hier.
Die 80/20-Regel kurz erklärt
Die 80/20-Regel nennt man auch das Pareto-Prinzip. Oft auch zusammengeschrieben als Paretoprinzip. Benannt wurde es nach seinem Erfinder Vilfredo Pareto. Dieser lebte von 1848 bis 1923 und war ein italienischer Ingenieur, Ökonom und Soziologe. Wenn du mehr über ihn erfahren willst, klick einfach hier für den Wikipedia-Artikel
Dieser Herr Pareto hat nun 1906 festgestellt, dass in Italien etwa 20 % der Bevölkerung rund 80 % des Bodens besitzen. Dadurch begründete sich die Pareto-Verteilung. Auch Jahre später, im Jahr 1989, stellte man fest, dass sich 82,7 % des weltweiten Vermögens in den Händen von etwa 20 % der Weltbevölkerung befinden. Signore Pareto stellte bei Untersuchungen in Europa und Südamerika darüber hinaus fest, dass ein Fünftel der Bevölkerung überdurchschnittlich verdiente und vier Fünftel unterdurchschnittlich.
Hieraus und aus weiteren Untersuchungen leitete er das nach ihm benannte Paretoprinzip ab. 80 % der Probleme der Welt ließen sich demnach mit nur 20 % der eingesetzten Mittel lösen. Moderne Coaches adaptieren dieses Prinzip gern und erklären dir in TED-Talks und Motivationsvorträgen nun, du könntest immer noch 80 % deines Einkommens oder Erfolgs generieren, wenn du nur noch 20 % gibst. Bildlich dargestellt sieht das Ganze so aus:
Der Denkfehler der 80-20-Regel
Klingt ja erstmal genial, oder? Ich mache nur noch 20 % der Arbeit und hab unterm Strich immer noch 80 % des Geldes. Wäre es allerdings so einfach, müssten wir bei 100 % ja das Vierfache verdienen. Tun wir aber nicht. Auf der anderen Seite gibt es viele, die dieses Prinzip blind umsetzen, nur noch 20 % ihrer Leistung erbringen und kaum noch Umsatz generieren. Wer statt an 5 Tagen die Woche nur noch einen Tag die Woche arbeitet, verdient natürlich dementsprechend weniger. „Work smarter, not harder“ hat versagt? Sieht erstmal so aus.
Aber:
Das stimmt so nicht ganz! Das fiese an dem Prinzip ist nämlich, dass dir jeder sagen kann, wofür die einzelnen Zahlen stehen, dir aber keiner sagt, was du damit machen sollst. Das große Problem, sozusagen der große Denkfehler derer, die das Prinzip unreflektiert anwenden und blindwütig bis zu vier Fünftel ihrer Arbeit wegstreichen, ist wie folgt: Sie ermitteln vorher nicht, was überhaupt 100 % sind und welche Teile sie davon wegstreichen können. Ebenso wenig natürlich, welche Teile sie beibehalten sollten.
Einfach nur noch ein Fünftel seiner Arbeit erledigen und auf die Magie eines Italieners hoffen, der seit 100 Jahren tot ist, bringt uns nicht weiter. Der Fehler liegt dabei nicht in dem Paretoprinzip selbst, sondern in dessen Umsetzung. Oder in der Kommunikation der Coaches. Diese wollen natürlich auch nicht all ihr Wissen kostenlos verschenken, aber hier kriegst du es.
Die 80/20-Regel richtig anwenden
Um die 80/20-Regel richtig anzuwenden, brauchst du drei Schritte. Das Wegstreichen ist erst der dritte. Hier erfährst du die drei Schritte, um es in deinem Leben erfolgreich anzuwenden. Ich muss nur noch einen Satz schreiben, damit die Einleitung nicht so leer ist. So, jetzt.
Schritt 1: Was sind 100 %?
Dieser Teil ist erstmal reine Fleißarbeit. Du machst dir eine Tabelle, so wie diese hier, in die du alles einträgst, was du für deinen Erfolg tust. Die Überschriften sind arbitrar, die kannst du frei wählen. Wichtig ist, dass auf einer Seite alles steht, was du investierst und auf der anderen all das, was du am Ende herausbekommst.
Die rechte Spalte wird dabei recht einfach sein. Bei den meisten sind das einfach nur Geldsummen. Beim Bauern vielleicht die Früchte seiner Arbeit, beim Handwerker die Werkstücke und so weiter.
Schreibe in die linke Spalte wirklich alles hinein, was du für deinen Erfolg investierst. Nicht nur die konkrete Arbeit gehört dazu, sondern auch Buchhaltung, Werbemaßnahmen, Kundengespräche, Putzarbeiten oder was auch immer alles rund um dein Geschäft an Arbeiten anfällt. Auch das Erstellen von Vordrucken oder das Einkaufen von Verbrauchsgütern gehört mit dazu. Wenn du zum ersten Mal mit einer solchen Aufwands-Ertrags-Liste arbeitest, nimm dir dafür ruhig ein paar Tage Zeit.
Schritt 2: Was bewirkt was?
Hier kommt jetzt die Ermittlungsarbeit auf dich zu. Lass mich das noch mal betonen: Dieser Schritt ist der wichtigste! Ohne die Arbeit, die du jetzt erledigst, funktioniert das Paretoprinzip für dich nicht. Du gehst jetzt deine Liste durch und ermittelst, welchen Anteil am Gesamtaufwand die einzelnen Punkte haben. In den meisten Fällen wird dies nach Zeit bemessen. Angenommen, du bist Selbstständiger und arbeitest 5 Stunden pro Tag in der Werkstatt, 2 Stunden pro Tag im Kundengespräch, eine Stunde mit der Buchhaltung, eine halbe Stunde hängst du am Telefon, eine weitere halbe Stunde erstellst du Werbeflyer oder bist unterwegs und verteilst sie, eine Stunde lang putzt du deine Werkstatt, der Weg zur Arbeit dauert auch seine Zeit. Und so weiter. Und so fort.
Als zweites ermittelst du für jede deiner Teilarbeiten, welchen Anteil sie am Ergebnis haben. Du wirst schnell feststellen, dass einige deiner Arbeiten überhaupt nichts dazu beitragen, andere nur marginal, wieder andere die Hauptlast erwirtschaften. Nehmen wir mal ein leichteres Beispiel: Werbung. Wenn du dir Werbung für Social Media ausdenkst, Flyer entwirfst, Zeitungsartikel gestaltest, Plakate pinselst und Email-Marketing betreibst, ist jede dieser Aktionen ein Teil deines Marketings. Du kannst nun an der Uhr ablesen, wie lange du für jede dieser Teilaufgaben brauchst. Und du kannst mit einer einfachen „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden“-Abfrage herausfinden, wie viele Kunden du mit welchem Werbemittel gewinnst. Genau das sind deine zwei wichtigen Daten: Wie viel Arbeit macht mir das? Wie hoch ist der Anteil am Ergebnis?
Schritt 3: Streichorchester
Erst jetzt geht das große Streichen los. Mit deinen Listen hast du dir nun erarbeitet, welche Teile deiner Arbeit wie viel Zeit/Energie/wasauchimmer erfordern und wieviel sie zu deinem Ertrag beitragen. Natürlich sollte man nicht stur alles streichen, was nichts bringt. In unserem Werkstattbeispiel würdest du sonst bald in einer versifften Bude rumoxidieren, in die dann auch kein Kunde mehr will. Dann bringt dir die 80/20-Regel auch nichts mehr.
Teile deine Aufwandsliste in drei Gruppen auf:
- Muss ich selber machen + Will ich selber machen
- Muss gemacht werden, aber nicht von mir
- überflüssiges
Gruppe 1 hat Streichtabu. Das sind all die Aufgaben, die du unbedingt selber machen musst. Angenommen, du bist der Trainer einer Karateschule, dann ist das Unterrichten in der Regel etwas, das dir nicht erspart bleibt (bis Schüler von dir selbst Trainer werden). Zusätzlich kommen in diese Gruppe all die Dinge, die dir persönlich am Herzen liegen. Alles, was du einfach nicht aus der Hand geben willst. Diese Gruppe sollten am Ende etwa 20 % deiner Aufgaben sein.
Gruppe 2 beinhaltet alle Aufgaben, die rund um deine Arbeit gemacht werden müssen, die du aber nicht notwendigerweise selbst erledigen musst. Das Putzen der Werkstatt kann ausgelagert werden, die Buchhaltung kann ausgelagert werden, ebenso das Marketing oder das schlichte Verteilen von Flyern. Mit ein wenig kreativer Fantasie findest du sicher viele Teile deiner Arbeit, die du delegieren kannst.
Gruppe 3 sind all jene Aufgaben, die du ersatzlos streichen kannst. Darunter fallen zwei Arten von Aufwendungen: Zum Einen die, die tatsächlich nichts zum Betriebsergebnis beitragen. Zum Anderen all jene, deren Aufwand in einem unverhältnismäßigen Ungleichgewicht zum Ertrag steht. Angenommen, du gibst je 2.000 € pro Jahr für Social Media Werbung, Flyer und Infostände aus. Am Ende kommen aber 50 % der Kunden durch Social Media, 35 % durch Infostände und nur 15 % durch Flyer-Aktionen. Dann sind die Flyer im krassen Ungleichgewicht, da sie 33 % des Budgets fressen und nur 15 % Ergebnis liefern.
Zusammenfassung zur 80/20-Regel
Jetzt weißt du, wie du die 80/20-Regel erfolgreich anwendest. Sei dabei nicht enttäuscht, wenn du nicht gleich beim ersten Mal wirklich 4 von 5 Aufgaben aussortieren kannst. Gerade Freiberufler und Selbstständige hängen oft mit viel Herzblut an ihrer Arbeit und zögern, Dinge loszulassen. Außerdem erfordert es eine stetige Evaluation und Neubewertung: Welche Aufgaben können noch gestrichen werden? Welche sollten wieder aufgenommen werden?
Zusammengefasst noch einmal die drei Schritte des Paretoprinzips:
- Alle Aufwendungen und alle Erträge zusammentragen. Denke dabei auch kreativ, denn auch der Weg zur Post kann dazu gehören.
- Alle Teile gewichten: Wie viel investiere ich in die Teile, welchen Anteil haben sie am Ertrag?
- Streiche das Überflüssige, delegiere das Auslagerbare und behalte das bei, was du selbst machen musst.
Schreib mir gern in die Kommentare, wie du die 80/20-Regel für dich umgesetzt hast! Viel Erfolg!